Wie häufig ist die Hyperemesis gravidarum?
|
Angaben zur Häufigkeit der Hyperemesis gravidarum sind uneinheitlich, vor allem, weil die Kriterien für eine Diagnose stark variieren. Definitiv lässt sich sagen, dass die Hyperemesis gravidarum eine seltene Schwangerschaftskomplikation ist. Das heißt auch: In den meisten Fällen ist weder der Betroffenen noch ihrer Familie noch ihrem Freundeskreis noch ihren Arbeitskollegen oder Vorgesetzten ein vergleichbarer Fall begegnet.
Woher stammen die Zahlen? Idealerweise gibt es eine zentrale Stelle, in welcher alle Geburten eines Landes erfasst sind und wo auch vermerkt ist, ob die Schwangere an dieser oder jenen schwangerschaftsbezogenen Erkrankung litt. Genau solche Register existieren beispielsweise in Norwegen und Schweden und sind dort auch ausgewertet worden. Eine Möglichkeit, sich der Häufigkeit der Hyperemesis gravidarum anzunähern, besteht somit darin, sich die Ergebnisse aus diesen Studien anzusehen. Doch dabei stellen sich mehrere Fragen: Wie ist die Hyperemesis dort vermerkt? Was ist als Hyperemesis vermerkt? Ist jeder Vermerk auch wirklich eine Hyperemesis gewesen? Und kann es nicht sein, dass es Hyperemesis-Fälle gab, die nicht vermerkt sind?
Unten habe ich einige der umfangreicheren Datenerhebungen zusammengestellt, mittels derer sich verschiedene Forschergruppen versucht haben der Frage anzunähern, wie häufig die Hyperemesis gravidarum sei. Die von mir angeführten Studien ermitteln Häufigkeiten zwischen 0,3 % und 0,9 %. Die Studie von Klebanoff und Kollegen aus dem Jahre 1985 habe ich unten näher beleuchtet. Klebanoff gab eine Häufigkeit der Hyperemesis von 2 % an - allerdings ist in seinem Aufsatz zu lesen, dass wesentlich weniger Frauen eine Infusionstherapie benötigt haben. So scheint es doch so zu sein, dass Klebanoffs Definition der Hyperemesis weiter war als jene Definition, welche anderen Studien zugrunde liegt. Errechnet man den Anteil der Frauen, welche einer Infusionstherapie bedurft haben, dann kommt man auch bei Klebanoff auf 0,7 %.
Woher stammen die Zahlen? Idealerweise gibt es eine zentrale Stelle, in welcher alle Geburten eines Landes erfasst sind und wo auch vermerkt ist, ob die Schwangere an dieser oder jenen schwangerschaftsbezogenen Erkrankung litt. Genau solche Register existieren beispielsweise in Norwegen und Schweden und sind dort auch ausgewertet worden. Eine Möglichkeit, sich der Häufigkeit der Hyperemesis gravidarum anzunähern, besteht somit darin, sich die Ergebnisse aus diesen Studien anzusehen. Doch dabei stellen sich mehrere Fragen: Wie ist die Hyperemesis dort vermerkt? Was ist als Hyperemesis vermerkt? Ist jeder Vermerk auch wirklich eine Hyperemesis gewesen? Und kann es nicht sein, dass es Hyperemesis-Fälle gab, die nicht vermerkt sind?
Unten habe ich einige der umfangreicheren Datenerhebungen zusammengestellt, mittels derer sich verschiedene Forschergruppen versucht haben der Frage anzunähern, wie häufig die Hyperemesis gravidarum sei. Die von mir angeführten Studien ermitteln Häufigkeiten zwischen 0,3 % und 0,9 %. Die Studie von Klebanoff und Kollegen aus dem Jahre 1985 habe ich unten näher beleuchtet. Klebanoff gab eine Häufigkeit der Hyperemesis von 2 % an - allerdings ist in seinem Aufsatz zu lesen, dass wesentlich weniger Frauen eine Infusionstherapie benötigt haben. So scheint es doch so zu sein, dass Klebanoffs Definition der Hyperemesis weiter war als jene Definition, welche anderen Studien zugrunde liegt. Errechnet man den Anteil der Frauen, welche einer Infusionstherapie bedurft haben, dann kommt man auch bei Klebanoff auf 0,7 %.
Eigene Schätzung:
Wenn man - in Anbetracht der unten aufgeführten Studien - davon ausgeht, dass in Deutschland geschätzte 0,8 % der Schwangerschaften, welche zu einer Geburt führen durch eine Hyperemesis gravidarum erschwert sind, dann ergibt sich folgende Hochrechnung, beispielhaft gerechnet für 2011 mit 662 685 Geburten und 81,8 Millionen Einwohnern (Angaben des Statistischen Bundesamts):
Geschätzte Hyperemesisfälle in Deutschland: 5300 pro Jahr
Dies entspricht 6,5 Fälle auf 100.000 Einwohner.
Hinzu kommen jene Schwangerschaften, die aufgrund der Hyperemesis abgebrochen wurden.
Geschätzte Hyperemesisfälle in Deutschland: 5300 pro Jahr
Dies entspricht 6,5 Fälle auf 100.000 Einwohner.
Hinzu kommen jene Schwangerschaften, die aufgrund der Hyperemesis abgebrochen wurden.
Es folgt ein Überblick über einige Veröffentlichungen, welche sich des Themas der Häufigkeit der Hyperemesis gravidarum (HG) angenommen haben:
Vikanes et al. 2008: HG bei 0,9 % der Erstgebärenden in Norwegen - HG bei 0,8 % der Erstgebärenden, welche gebürtige Westeuropäerinnen waren. Vikanes und Kollegen analysierten die Daten des Medical Birth Registry of Norway (MBRN) - ein Register, aus dem sie 5.900.074 Geburten aus den Jahren 1967 bis Juni 2005 ausgewertet haben. In dieser Registratur sind auch Daten über ICD-Diagnosen enthalten, welche die HG betreffen. Die Forschergruppe fand große Unterschiede bezüglich der Prävalenz abhängig vom Geburtsland der in Norwegen gebärenden Frauen. Für Westeuropäerinnen haben die Autoren eine Prävalenz von 0,8 % ermittelt.
Bailit 2005: HG bei 0,47 % der Lebendgeburten in Kalifornien. Bailit 2005 untersuchte 520.739 Geburten in Kalifornien im Jahre 1999 und fand dabei 2.466 Schwangere, bei denen eine HG-Diagnose vorlag (ICD-Diagnose) und deren Symptomatik gravierend genug war, dass diese Schwangeren stationär behandelt wurden.
Basso et al. 2001: HG bei 0,8 % der Schwangerschaften (Mindestdauer der Schwangerschaft: 28. SSW) in Dänemark. Basso und Kollegen zeigten, dass von den Schwangerschaften in Dänemark in den Jahren von 1980 bis 1994, die mindestens bis zur 28. SSW dauerten 0,8 % mit einer HG erschwert waren, welche zu einem Krankenhausaufenthalt führte.
Askling et al. 1999: HG bei 0,8 % der Geburten in Schweden. Askling und Kollegen zeigen, dass von über 1 Millionen Geburten (1.027.213), die in Schweden in den Jahren zwischen 1987 und 1995 erfasst wurden, 8186 Schwangere zuvor aufgrund von HG stationär aufgenommen waren.
Källen 1987: HG bei 0,3 % der Lebendgeburten in Schweden. Källen hat das schwedische Geburtenregister (Swedish Medical Birth Registry) der Jahre 1973-1981 ausgewertet und fand bei 3 von 1000 Geburten eine HG vermerkt. Källen weist auf starke Schwankungen der Häufigkeitsangaben zwischen den Krankenhäusern hin.
Klebanoff et al. 1985: Etwa 0,7 % der Schwangeren leiden an einer Hyperemesis gravidarum, welche eine intravenöse Flüssigkeitsversorgung notwendig werden ließ (eigene Rechnung): Klebanoff und Kollegen untersuchten im Rahmen des „Collaborative Perinatal Project“ (1959-1966) 9098 Schwangerschaften hinsichtlich der Epidemiologie des „normalen“ Schwangerschaftserbrechens und stellt in diesem Rahmen fest, dass diese Stichprobe 188 Hyperemesis-Schwangerschaften umfasst. Wenn man nun diese Zahlen ins Verhältnis setzt kommt man auf 2 % Hyperemesis gravidarum-Schwangerschaften in der ausgewählten Stichprobe. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass in diesem „Collaborative Perinatal Project“ die Hyperemesis gravidarum nicht gut definiert war („was not well defined“). Tatsächlich finde ich die Kriterien für die "Hyperemesis gravidarum"-Diagnose nicht im Text aufgeführt. Doch auf Seite 615 ist zu lesen, dass 35 % der Schwangeren mit der Diagnose Hyperemesis gravidarum intravenöse Flüssigkeit benötigten. Dies entspricht – nach eigener Rechnung – 66 Schwangeren, was auf die Gesamtzahl der untersuchten Schwangeren gesehen einem Anteil von 0,7 % ergibt. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass auch Källen 1987 (siehe oben) auf diese Veröffentlichung eingeht und eine HG-Rate von 2 % für zu hoch erachtet: „As hyperemesis may favour early enlisting, the rate of more than 2% may be an overestimate; as these women were drawn from a total population of some 56000 women, the rate may be anything down to 3 per 1000.” (S. 292)
Anmerkung: In einer Folgeuntersuchung der Autoren, bei der aus dem gleichen Datenpool des „Collaborative Perinatal Project“ mit einer anderen Fragestellung eine andere Stichprobe gezogen wurde, fanden sich 86 Schwangere mit der Diagnose Hyperemesis gravidarum, welche eine intravenöse Behandlung benötigten. Die gesamte untersuchte Gruppe umfasste in diesem Fall 18 583 Schwangerschaften, Mehrlingsschwangerschaften wurden ausgeschlossen. Hiermit komme ich auf einen Anteil von 0,46 % der untersuchten Einlingsschwangerschaften. Dass es sich hier um Einlingsschwangerschaften handelt ist insofern bedeutsam, da eine Mehrlingsschwangerschaft das Risiko für eine Hyperemesiserkrankung erhöht.
Bailit 2005: HG bei 0,47 % der Lebendgeburten in Kalifornien. Bailit 2005 untersuchte 520.739 Geburten in Kalifornien im Jahre 1999 und fand dabei 2.466 Schwangere, bei denen eine HG-Diagnose vorlag (ICD-Diagnose) und deren Symptomatik gravierend genug war, dass diese Schwangeren stationär behandelt wurden.
Basso et al. 2001: HG bei 0,8 % der Schwangerschaften (Mindestdauer der Schwangerschaft: 28. SSW) in Dänemark. Basso und Kollegen zeigten, dass von den Schwangerschaften in Dänemark in den Jahren von 1980 bis 1994, die mindestens bis zur 28. SSW dauerten 0,8 % mit einer HG erschwert waren, welche zu einem Krankenhausaufenthalt führte.
Askling et al. 1999: HG bei 0,8 % der Geburten in Schweden. Askling und Kollegen zeigen, dass von über 1 Millionen Geburten (1.027.213), die in Schweden in den Jahren zwischen 1987 und 1995 erfasst wurden, 8186 Schwangere zuvor aufgrund von HG stationär aufgenommen waren.
Källen 1987: HG bei 0,3 % der Lebendgeburten in Schweden. Källen hat das schwedische Geburtenregister (Swedish Medical Birth Registry) der Jahre 1973-1981 ausgewertet und fand bei 3 von 1000 Geburten eine HG vermerkt. Källen weist auf starke Schwankungen der Häufigkeitsangaben zwischen den Krankenhäusern hin.
Klebanoff et al. 1985: Etwa 0,7 % der Schwangeren leiden an einer Hyperemesis gravidarum, welche eine intravenöse Flüssigkeitsversorgung notwendig werden ließ (eigene Rechnung): Klebanoff und Kollegen untersuchten im Rahmen des „Collaborative Perinatal Project“ (1959-1966) 9098 Schwangerschaften hinsichtlich der Epidemiologie des „normalen“ Schwangerschaftserbrechens und stellt in diesem Rahmen fest, dass diese Stichprobe 188 Hyperemesis-Schwangerschaften umfasst. Wenn man nun diese Zahlen ins Verhältnis setzt kommt man auf 2 % Hyperemesis gravidarum-Schwangerschaften in der ausgewählten Stichprobe. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass in diesem „Collaborative Perinatal Project“ die Hyperemesis gravidarum nicht gut definiert war („was not well defined“). Tatsächlich finde ich die Kriterien für die "Hyperemesis gravidarum"-Diagnose nicht im Text aufgeführt. Doch auf Seite 615 ist zu lesen, dass 35 % der Schwangeren mit der Diagnose Hyperemesis gravidarum intravenöse Flüssigkeit benötigten. Dies entspricht – nach eigener Rechnung – 66 Schwangeren, was auf die Gesamtzahl der untersuchten Schwangeren gesehen einem Anteil von 0,7 % ergibt. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass auch Källen 1987 (siehe oben) auf diese Veröffentlichung eingeht und eine HG-Rate von 2 % für zu hoch erachtet: „As hyperemesis may favour early enlisting, the rate of more than 2% may be an overestimate; as these women were drawn from a total population of some 56000 women, the rate may be anything down to 3 per 1000.” (S. 292)
Anmerkung: In einer Folgeuntersuchung der Autoren, bei der aus dem gleichen Datenpool des „Collaborative Perinatal Project“ mit einer anderen Fragestellung eine andere Stichprobe gezogen wurde, fanden sich 86 Schwangere mit der Diagnose Hyperemesis gravidarum, welche eine intravenöse Behandlung benötigten. Die gesamte untersuchte Gruppe umfasste in diesem Fall 18 583 Schwangerschaften, Mehrlingsschwangerschaften wurden ausgeschlossen. Hiermit komme ich auf einen Anteil von 0,46 % der untersuchten Einlingsschwangerschaften. Dass es sich hier um Einlingsschwangerschaften handelt ist insofern bedeutsam, da eine Mehrlingsschwangerschaft das Risiko für eine Hyperemesiserkrankung erhöht.
Verwendete Literatur:
- https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Geburten/Geburten.html
- Askling, J.; Erlandsson, G.; Kaijser, M.; Akre, O.; Ekbom, A. (1999): Sickness in pregnancy and sex of child. In: Lancet 354 (9195), S. 2053.
- Bailit, J. L. (2005): Hyperemesis gravidarium: Epidemiologic findings from a large cohort. In: American Journal of Obstetrics and Gynecology 193 (3), S. 811–814.
- Basso, O.; Olsen, J. (2001): Sex ratio and twinning in women with hyperemesis or pre-eclampsia. In: Epidemiology 12 (6), S. 747–749.
- Källén, B. (1987): Hyperemesis during pregnancy and delivery outcome: a registry study. In: European Journal of Obstetrics & Gynecology and Reproductive Biology 26 (4), S. 291–302.
- Klebanoff, M. A.; Koslowe, P. A.; Kaslow, R.; Rhoads, G. G. (1985): Epidemiology of vomiting in early pregnancy. In: Obstet Gynecol 66 (5), S. 612–616.
- Klebanoff, M. A.; Mills, J. L. (1986): Is vomiting during pregnancy teratogenic? In: Br Med J (Clin Res Ed) 292 (6522), S. 724–726.
- Vikanes, A.; Grjibovski, A. M.; Vangen, S.; Magnus, P. (2008): Variations in prevalence of hyperemesis gravidarum by country of birth: a study of 900,074 pregnancies in Norway, 1967-2005.
Beschwerden, die auf eine Hyperemesis gravidarum hinweisen könnten, gehört immer in die fachkundigen Hände eines Mediziners. Nur dieser kann die im Einzelfall notwendigen Untersuchungen durchführen und erkennen, ob es sich überhaupt um eine Hyperemesis gravidarum handelt. Nur der Fachmann kann die möglichen Risiken managen und die Behandlung verordnen. Falls Sie betroffen sind: Zögern Sie nicht zu lange und wenden Sie sich an Ihren Arzt oder gegebenenfalls an die Notaufnahme des Krankenhauses.
Impressum | Haftungsausschluss | E-Mail
© Alle auf dieser Seite verwendeten Texte, Fotos und grafischen Gestaltungen sind urheberrechtlich geschützt.
Bildrechte siehe Impressum
Bildrechte siehe Impressum
letzte Bearbeitung am 23.03.2016 durch Anne Hutter